Sonntag, 21. Februar 2010

Über das Leben, Krawatten und Begegnungen

Claudius Revenstock, Protagonist meines zweiten Buches, kommentierte den heutigen Morgen folgendermaßen: "Das Leben mag keine schöne Angelegenheit sein. Aber ist das ein Grund, hässliche Krawatten zu tragen? Natürlich nicht."

Da ich mit meinen autonomen Subpersönlichkeiten in Harmonie lebe, begab ich mich heute daher ins kleine, vereiste, den Tourist mit der Suche nach nicht vorhandenen Parkplätzen quälende Gummersbach. Obwohl die meisten Menschen irgendwann in ihrem Leben einmal meine Maße gehabt haben müssen, ist die Suche nach passenden Hemden und Hosen ein frustrierendes, in aller Regel zum Scheitern verurteiltes Vorhaben. Es ist entweder alles zu groß:
 
 oder dermaßen eng, dass es schon wieder obszön aussieht:

 Meine Laune befand sich nach zweistündiger erfolgloser Suche daher unterhalb ihres sonstigen Tiefs. In meiner Verzweiflung verirrte ich mich in die unterste Etage einer großen Klamottenfirma, deren Name sich aus dem dritten und ersten Buchstaben des Alphabets zusammensetzt. Ich entdecke weiße Hemden (in Slimfit), und die sehen echt gut aus. Ich schaue nach den Größen. OK, da haben wir XL, XL, XL, XL, XL, XL, XL und (Überraschung!) XL!

Ich gehe also zu dem Herren, der die Abteilung betreut. Da ich in der Anzugsabteilung bin, trägt er selber einen Anzug, der gar nicht mal übel aussieht, und um den Hals hat er ein Maßband. Sollte dies tatsächlich der erste Verkäufer sein, der in einem Kleiderladen sogar Ahnung von Kleidung hat? Ihr erkennt an meinen Ausführungen, wie zynisch und gemein ich heute drauf war.

"Verzeihen Sie, ich habe eine Frage. Haben Sie auch Hemden in einer anderen Größe als XL? Oder gibt es die Oberberger nur in XL?!"

Und jetzt kommt die Begegnung. Der Mann spielt das fiese Spiel nämlich nicht mit, sondern hebelt meinen Frust einfach aus. Er sagt: "Ich nehme an, Sie wollen ein Hemd für sich kaufen? (Ich nicke.) Suchen Sie etwas für die Freizeit oder eher was formelleres? (Ich sage: Es sollte schon Anzug-kompatibel sein.)" Ehe ich mich versehe legt er mir das Maßband an Hals und Arm, und verrät mir meine Kleidergröße (die kenne ich natürlich, aber in diesem Augenblick tut es mir irgendwie gut, dass er mir einfach nur hilft), und plaudert ein wenig, dass er ja auch nicht aus dem Bergischen sei. Dann schickt er mich in ein anderes Stockwerk und verweist mich an die dortige Kollegin.

Dort angekommen gehe ich natürlich nicht zur Kollegin, denn ich möchte am Ende des Tages nicht den Kleidergeschmack einer Mittvierzigerin in meinem Schrank hängen sehen.

Schließlich gehe ich mit vier der sechs Hemden in meiner Größe und einem bunten Sortiment neuer Krawatten (ich LIEBE Krawatten...) nach Hause. (Möge mein Konto mir die Shoppingtour verzeihen...)

Was ist die Moral von der Geschicht'? Der einzige Lichtblick dieses Tages war dieser eine Verkäufer, der mir wie ein Wald war, aus dem es ganz anders herausschallte, als ich hineinrief. Sowas darf öfter passieren. "Leben: Überrasch mich!" Danke.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen