Mittwoch, 21. August 2013

Du bist, was du isst...

Ist das erst seit neuestem so, oder hätte mich schon längere Zeit der Unterschied zwischen Lebensrealität™ und Werbewirklichkeit beunruhigen sollen?

Ich übersetze mal die Werbebotschaften so, dass der innere Kern zutage tritt:

"Nussnougatcrème macht dich sportlich und fit!"
"Bier gibt dir das Gefühl, im Stadion zu sitzen!"
"Ein Müsliriegel und ein Glas Milch sind sättigend und gesund!"
"Dieses Deo wird dir erotische Momente mit schönen Menschen bescheren!"
"Du wirst auf willige Frauen treffen, wenn du diesen Wagen kaufst!"
"Durch diese Zigaretten wirst du viele, coole Freunde finden!"
"Deine Familie wird glücklich sein, wenn du dieses Lebensmittel auf den Tisch stellst!"
"Dein Leben wird cool, einfach und beschwingt, wenn du dieses Mobiltelefon besitzt!"
"Dieses alkoholische Getränke macht dich männlich!"
"Wenn du dich mit diesem Medikament schlank machst, liebt dich dein Freund!"
"Diese Schokolade wird dir ungeahnte, sinnliche Genüsse spenden!"

Wo bleibt die Wahrheit?

Zuckerhaltige Brotaufstriche machen fett!
Bier beeinträchtigt die Funktion des Nervensystems!
Wer Hunger hat, ist mit einem Glas Milch nicht zufrieden!
Deo riecht gut, aber Frauen bestehen nicht nur aus Nasen!
Neue Autos sind teuer, und außer dem eigenen Ego beeindrucken sie niemanden!
Zigaretten isolieren dich und ziehen dich in Abhängigkeiten!
Liebe und Ehrlichkeit machen Familien glücklich, nicht Essen oder Urlaubsreisen!
Neuere Mobiltelefone machen dein Leben komplizierter!
Alkohol macht dich bestenfalls weiblicher! (Stichwort "Biertitte")
Wenn dein Gewicht der Grund dafür ist, dass dein Freund dich verlässt, dann kann er dir gestohlen bleiben!
Schokolade schmeckt ... wie Schokolade!

Besonders penetrant finde ich die Werbebotschaften, deren Kernaussage auf die Geschlechtsidentität abzielen. Was bitteschön soll an "Sport-angucken", "Alkoholgenuss" oder "Autofahren" männlich sein, und was hat "Tupperware", "Kosmetik" oder "Reinlichkeit" mit Weiblichkeit zu tun?
Ich empfinde Männer, die Sport nur im Fernsehen angucken, nicht als sportlich. Alkohol scheint mir mehr Probleme zu verursachen, als er löst (und alkoholisierte Männer sind bestenfalls dumm, aber nicht männlicher). Autofahren ist eine Notwendigkeit - und wird von Frauen oft viel besser gemacht. Und warum sollte ein Mann sich nicht auch um sein Aussehen sorgen? Umgekehrt, warum sollte eine Frau sich immer um ihr Gewicht sorgen, warum sollte ihr Selbstwert von ihrer Attraktivität abhängen? Ich verstehe die Geschlechterbotschaften der Werbung nicht, und mir gefallen die Schubläden nicht, die damit bedient werden.

Nun vermute ich aber auch, dass Menschen sich nicht dauerhaft anlügen lassen. Die sogenannte Jugendkultur, die es immer gab und geben wird, räumt mit ihrer Elterngeneration auf. Die derzeitige Jugendkultur hat sich schon vom Karrierestreben gelöst und setzt sich andere Lebensziele. Wenn sich die nächste Jugendkultur von der Marktwirtschaft oder wenigstens ihren faulen Versprechungen löst, dann wird das sicherlich spannend... Wie mag wohl die Werbung in 30 Jahren funktionieren?