Donnerstag, 12. September 2019

Wohl und Wehe

Da Europas Kirchgebäude immer öfter leer stehen, kommt es zunehmend vor, dass die Gebäude veräußert werden sollen.
Kirchen sind für ihre Gemeinden oft ein Fluch, denn ihr Erhalt ist teuer, vom Betrieb ganz zu schweigen. Die frierenden Besucher_Innen können im Winter ein Lied davon singen.
Gleichzeitig prägen ihre Kirchtürme die Gesichter der Dörfer. Man orientiert sich an ihnen, verbindet sie mit dem Gefühl von Heimat. Selbst dann, wenn man nie im Leben einen Fuß in sie setzen würde.
Viele wollen Kirchen in ihren Orten sehen, aber bezahlen möchte sie keiner so recht.
So bleibt als einzige Alternative, neue Nutzungsmöglichkeiten zu finden. Besonders in größeren Städten stößt man hier und da auf Büchereien, Kindertagesstätten oder Cafés, wo es früher mal nach alten Gesangbüchern roch.
Insgesamt jedoch ist die Umverzweckung von Kirchen kein großer Renner.
Einerseits mag das daran liegen, dass in Dörfern, wo der letzte Becker schon vor 10 Jahren seine Türen für immer schloss, kein wirtschaftlicher Nutzer gefunden werden kann. Betrieb, Renovierung und Instandhaltung sind für den privaten Sektor nicht einfacher, als für Kirchgemeinden. (Deren Budget ist wenigstens einigermaßen planbar.)
Aber was nicht minder schwer wiegen dürfte: die alten Gemäuer wurden für einen bestimmten Zweck errichtet, und der ist nicht wirtschaftlich, nicht rational, nicht sachorientiert.
Form, Höhe und Schnitt von Kirchen dienen einem spirituellen Zweck, und das haftet diesen Bauwerken an, ist ihre DNA. Kirchen bleiben sonderbare Räume, auch nach aufwändigen Umbauten. Sperrig. Nicht ganz von dieser Welt ergriffen.
Auch das scheuen Investoren.
Was also tun mit diesen Kirchgebäuden, die keine kaufen will, die keiner abreißen will, die keiner nutzen will, die keiner missen will, wo niemand beten will?