Sonntag, 13. November 2016

Gehen mit einem Gedicht

Am Tag, an dem ich gehen muss,
will ich gehen mit einem Gedicht.
Wo meine Zeit an Gottes Ewigkeit zerbricht,
sei dies die letzte Zärtlichkeit, der letzte Seelengruß.

Am Tag, an dem ich gehen muss,
will ich gehen mit einem Gedicht.
In Worten falten Bilder, Trug und Wahrheit sich,
und durch die Reime wandert noch einmal die Lebenslust.

Am Tag, an dem ich gehen muss,
will ich gehen mit einem Gedicht.
Es soll die Lebensfäden lösen. dass ich nicht
verwoben bleibe mit dem Hier und dem Verlust.

Am Tag, an dem ich gehen muss,
will ich gehen mit einem Gedicht.
In einem dunklen Wort durch einen Spiegel geb ich dem Gesicht,
das mich mit Liebe ansieht, dann den ersten Kuss.

Am Tag, an dem ich gehen muss,
will ich gehen mit einem Gedicht.
Sie findet meine letzten Worte, sie, durch deren erstes Wort das Licht ins Dunkel bricht,
und wird sie reimen aus der Fülle ihrer Lebensworte Überfluss.

Am Tag, an dem ich gehen muss,
will ich gehen mit einem Gedicht.
Wo mir kein Wort mehr bleiben wird, erneuert jener Gott, der das Ich-bin-Wort spricht,
für eine neue Ewigkeit den treuen Bundesschluss.

Am Tag, an dem ich gehen muss,
will ich gehen mit einem Gedicht.
Es soll mich trösten, denn das Leben endet nicht
am Tag, an dem ich gehen muss.