Donnerstag, 6. August 2009

Was man zu verlieren hat?

Der Umzug ins Oberbergische hat mir viel Zeit gelassen, nachzudenken und selbst zu wählen, wie dieses neue Leben hier aussehen soll. Es ist ein Privileg, diese Wahl treffen zu dürfen, und ich merke, dass die Grenzen dafür weit sind und es (momentan) nicht viel gibt, was mich einschränkt.

Einer der Bausteine meines "neuen" Lebens ist es, offen für Menschen zu sein, weniger Angst vor Konflikten zu haben, mehr Nähe zu wagen (letzteres ist eine wirklich schwere Sache...).

Nun, wie sieht das praktisch aus, so am eigenen Dasein herumzuwerkeln?

Ich schreibe Menschen Emails, bei denen ich mich lange nicht gemeldet habe, die mir aber wichtig waren, oder von denen ich gerne hätte, dass sie mir wichtiger werden. Ich lade Leute ein, zum Essen, zum Laufen, zum Schwimmen. Ich frage den Mann vom Möbelhaus, wie sein Tag war. Ich lasse mir von der Frau in der Tankstelle erzählen, wovor sie manchmal Angst hat. Ich frage meinen Möbelpacker, ob er Lust auf Talsperre hat. Ich schreibe meinen Professor einfach mal persönlicher an.

Oft komme ich mir komisch dabei vor und denke mir: "Das kannst du aber jetzt nicht bringen." Dann frage ich mich jedoch: Was habe ich zu verlieren? Was kann schon schlimmes passieren, wenn man seine Träume und Gedanken einfach so ausdrückt, wie sie sind? Was kann schon falsch daran sein, mehr Nähe zu wagen, direkter zu sein, sich nicht mehr danach zu fragen, "was die anderen denken sollen"? Wie wäre es, das Versteckspiel des Alltags manchmal zu unterbrechen?

Vielleicht stoße ich jemanden vor den Kopf. Vielleicht kann ich nicht alle Kontakte halten, die es gibt. Vielleicht wird mir die Zeit fehlen, jedem genug Aufmerksamkeit zu schenken, wie ich es gerne will. Vielleicht werde ich lernen müssen, Menschen wieder auf Abstand zu bringen. Vielleicht wird der eine oder andere lieber Distanz suchen.

Aber da, wo es klappt, da wird es einen Unterschied gemacht haben, dass wir uns kennen. Darauf freue ich mich.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen