Dienstag, 30. November 2010

Jagd auf einen Mann

Julian Assange, führender Kopf von WikiLeaks, ist momentan der vielleicht unbeliebteste Mann der Welt.

WikiLeaks veröffentlichte eine ganze Reihe von "geheimen" Dokumenten, die unter normalen Umständen nie das Licht der Öffentlichkeit gesehen hätten, und deren Inhalt brisant ist. Es geht um diplomatische Verwicklungen, Staatsdokumente, Einblicke in die Mechanismen der Banken und Wirtschaftswelt.

Natürlich kann WikiLeaks unterstellt werden, dass es vor allem um Stimmungsmache geht, denn die Veröffentlichungen sind spektakulär. Und ob es in jedem Falle klug ist, alle Dokumente zu veröffentlichen, kann wohl auch mit einem entschiedenen Nein beantwortet werden. Für die Betroffenen (große Unternehmen, die USA und viele andere Länder) sind die Offenlegungen aber vor allem eines: Schrecklich peinlich!

Da kommt plötzlich nicht vertrauliches, sondern auch der ganze Schnodder und Schmuddel ans Licht, der sonst hinter verschlossenen Türen stattfindet, und von dem man meint, die Öffentlichkeit nicht darüber aufklären zu müssen. Nun muss man, und das ist ein schmerzhafter, unangenehmer Prozess - und eine Chance, endlich wieder Glaubwürdigkeit und Transparenz in die Gesellschaft zu bringen. Sollte daran ein Interesse bestehen?

In Schweden läuft eine Ermittlung wegen Vergewaltigung gegen Assange - reiner Zufall, dass trotz schwacher Beweislage so massiv gefahndet wird? Wen verwundert es schon, wenn die Mühlen der Justiz für den unbequemen Assange plötzlich ganz neue Töne anschlagen? Am Schicksal von Assange wird sich messen lassen, wie weit her es in der westlichen Welt mit Meinungsfreiheit, Offenheit, Transparenz, Pressefreiheit und freiheitlicher Gesinnung ist (was nicht heißt, dass es dabei nicht auch Geheimnisse geben darf). Ich fürchte allerdings, dass es damit nicht weit her ist, und das könnte Assanges Verhängnis werden. Bereits jetzt dürfte er sich Gedanken machen müssen, wo er sicheres Asyl finden kann.

Behalten wir ihn und seinen Werdegang im Blick. Man darf gespannt sein, welche Blöße sich die Großmächte im Umgang mit ihm geben werden. Umgekehrt werden auch Assanges und WikiLeaks Reaktionen nicht minder heftig ausfallen.

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