Sonntag, 5. Juni 2011

Lied über den Zweifel

Milow hat ein Lied über einen Priester geschrieben, der am Ende seines Lebens ein trauriges Urteil über seinen eigenen Glauben fällt:


Ich bin Peter Vanderhoelt, ich bin 68 Jahre alt.
Meine Zweifel und Fragen haben sich vermehrt
in den 42 Jahren, die ich Priester bin.
Ich stehe am Ende meines Lebens,
bin mir nicht sicher, ob ich überlebe.
Ich weiß oft nicht, was ich sagen soll,
wenn ich mit ihm rede, wenn ich bete.
Als Antwort bekomme ich nur Schweigen, keine Erlösung.
Ich wartete vergeblich auf ein bisschen Rat
von der mächtigen Stimme in der himmlischen Höhe.

Ich war einst revolutionär,
ein hingebungsvoller Kämpfer,
begabter Schüler in Gottes Händen...
Jetzt bin ich alt und habe seine Forderungen satt.
Ich versuchte, ehrlich und gut zu sein,
erledigte meine Arbeit so gut ich konnte.
Doch ich blieb immer Durchschnitt
an dem Ort, wo ich anfing.
In allem Kummer, der mich quälte,
habe ich seit drei Jahrzehnten
nicht mehr die Gewissheit
an der Existenz des Herrn gefühlt,
die ich so bewunderte.

Ich habe genug gesehen, daher weiß ich:
Gott hat diesen Ort vor langer Zeit verlassen.

Ich habe meiner Gemeinde die Dinge gegeben,
die ich selbst nicht habe, doch ich teile
namentlich Liebe und Nächstenliebe aus,
doch vor allem Zielsetzung, sie macht einen frei.
Jedenfalls bin ich dort, wo Metaphern
nicht mehr ausreichen.
Ich denke, meine Suche ist beinahe abgeschlossen.
Ich bin in meiner Kirche so schnell alt geworden.
Es fühlt sich an, als sei ich von einer Art Geheimnis
vom Sinn des Lebens ausgeschlossen.
Mitunter kann ich nicht anders, als feststellen,
dass wir in einer bedeutungslosen Zeit leben.

Ich habe genug gesehen, daher weiß ich:
Gott hat diesen Ort vor langer Zeit verlassen.

Die Zeit hat mich in einer Sache gut werden lassen,
aber in allem anderen bin ich schrecklich geworden.
Die Segnungen der göttlichen Welt
waren immer woanders, nie die meinen.
Wie gerne würde ich jemanden halten,
nur ganz kurz, und vielleicht etwas Freude haben.
Doch mein Körper ist seltsam gebaut,
ich bin also nicht wirklich der Kuscheltyp.
Nie gab es jemanden
mit weicherer Haut,
der mich in der Nacht umarmte,
auf meiner durchgelegenen Matratze,
wenn ich das Licht anknipse.
Ich glaube, ich bin am falschen Fleck,
die Zeit der Heiligen ist vorbei.
Mein Glaube ist schwach, nicht zuletzt
nach 42 Jahren Priesterschaft.

Die Kirche ist wie eine Frau,
ein Ding außer Reichweite, eine Vision.
Sie schimmert in der Weite,
in die ich nie gelangte,
nun bleibe ich allein mit meinem Bedauern.

Ich habe genug gesehen, daher weiß ich:
Gott hat diesen Ort vor langer Zeit verlassen.

Es ist mein Teil, es ist mein Kelch.
Es ist mein Teil, es ist mein Kelch.

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