Sonntag, 25. Juli 2010

Die Frage nach dem Leid

Die Frage nach dem Leid lautet "Warum gibt es das Leid?" Sie wird meistens erst dann wichtig, wenn man selber betroffen ist. Also ganz konkret: "Warum (aus welchem Grund) leide ich?"
Die platte Antwort auf diese Frage wäre, den Anlass des Leides zu nennen. "Weil ein Krieg ausgebrochen ist." "Weil ich meine Arbeit verloren habe." "Weil ich eine schwere Krankheit habe." "Weil jeder Mensch eines Tages stirbt."

Die Frage nach dem Leid zielt aber nicht auf die platte Antwort ab, denn die ist offensichtlich und muss nicht erklärt werden. Das "Warum" meint also eher: Zu welchem Zweck? Mit welchem Sinn? Eine solche Fragestellung ist aber erst dann sinnvoll, wenn man von einem größerem, höherem Ganzen ausgeht, einem Ziel. Welches Ziel soll durch (mein) Leid erreicht werden? Ein reiner Materialist (habe nie einen getroffen, aber viele behaupten, es zu sein) glaubt nicht an ein Ziel, sondern nur an die Wechselwirkung der physikalischen Gesetze. Ein Materialist stellt sich die Frage nach dem Leid also nicht. Sie kann nur von jemandem gestellt werden, der an eine höhere, übergeordnete Sache glaubt.

Jeder zweite Deutsche bezeichnet sich als gläubig. Setzt man eine Dunkelziffer voraus, und zählt man andere Formen von Gläubigkeit mit (andere Religionen, Glaube an "das Glück"/"Schicksal", Okkultismus (Pendeln, Handlinienlesen, ...), etc.), so kann man wohl getrost beinahe alle Menschen als gläubig bezeichnen. Also können die meisten Menschen es "sich leisten", die Frage nach dem Leid zu stellen.

Die Antwort auf die Frage nach dem Leid hängt davon ab, an was man glaubt. Wer an das Schicksal glaubt, für den ist das Leid eine unausweichliche, grundlose Realität. Ich persönlich glaube an Gott. Für mich bedeutet das, dass Leiden ein Ziel hat, das mir aber nicht zwangsläufig bekannt ist oder gar verständlich werden muss. Und es bedeutet, dass in Gottes Realität Leid oft vollkommen anders bewertet wird, als in meiner Realität. Der Hebräerbrief (Kapitel 11) im Neuen Testament der Bibel zeigt zum Beispiel, wie aus Gottes Sicht das Leid einzelner ganz anderes bewertet wird, als aus menschlicher Sicht.


Bildquelle: http://www.der-traveller.de/html/menschen.html#teresa

Was also fange ich mit der Frage nach dem Leid an? Meine persönlich Meinung dazu lautet: NICHTS. Zu wissen, dass Leid eine begründete Ursache oder ein begründetes Ziel hat, ändert rein gar nichts daran, dass es das Leid gibt und ich ggf. davon betroffen bin. Der Frage nach dem Leid stelle ich etwas anderes gegenüber: Die Fragen der Hoffnung.
Wie gehe ich mit dem Leid um? Lasse ich mich davon bestimmen? Kann ich glauben, dass in Gottes Realität alles ganz anders bewertet wird? Kann ich vertrauen, dass bei Gott alles Leid in Freude umgewandelt werden wird? Darf ich die Gewissheit haben, einmal Teil dieser Realität zu sein? Als Christ sind die Antworten auf diese Fragen sehr leicht zu geben, und in ihnen steckt Hoffnung, Zuversicht und Stärke. Und: Sie ermuntern dazu, das Leid an den Stellen zu beenden, wo es in der eigenen Macht liegt.Das soll nicht heißen, dass Leid nicht schlimm wäre - denn das ist es wirklich.

Es soll auch nicht heißen, dass man's leicht nehmen solle - es geht nicht um billigen Trost. Aber es bedeutet, dass es berechtigten Grund zur Hoffnung gibt. Daran glauben Menschen seit tausenden von Jahren, daran glaubte Bonhoeffer im KZ (litt selbst), daran glaubte Mutter Theresa (machte das Leid der anderen zu ihrem Leid) bei der Arbeit mit unzähligen Leprakranken, und nicht zuletzt Jesus selbst (nahm das Leid aller auf sich) glaubte daran. Es gibt also Beispiele an denen wir sehen können, wie diese Hoffnung im Leid ganz konkret sein kann. Einer der Gründe, warum ich Christ bin.

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