Montag, 17. März 2014

Nanu nanu, wer wird denn so wütend sein?



Wer sich die Kommentare zum Video anschaut, muss einen sehr eigenartigen Eindruck von unserer Gesellschaft bekommen. Ist Deutschland voller Menschen, die Angst um ihre Geschlechtsidentität haben... wegen eines Films? Sind so viele Menschen nur wegen heteronormativer Wertbilder in der Kirche und verlassen sie nun entrüstet? Werden abertausende Deutsche nachts umgetrieben von der angeblichen Unmoral der EKD? Hat die "Gute Nachricht" so viele Menschen nicht erreicht, ist aus ihr eine bittere Saat gewachsen?


Wir Deutsche sind ein Volk von Bedenkenträgern, Zynikern, Nein-Sagern und Verstimmten, und im Schutz der Anonymität schreibt so mancher, was er bei Tage niemandem ins Gesicht sagen würde. Und dennoch: Es ist bestürzend, wie sich eine Welle des Shitstormings und Trollings über das Video ergießt - gerade auch von jenen, die sich als glaubensfern und atheistisch bezeichnen. Mich erstaunt, wie viele (Männer?) eine große Wut auf den Feminismus und die Gendertheorie haben, deren Leistung ja eigentlich gerade nicht in der Gleichmachung von Geschlechtern liegt, sondern im Bewusstmachen von Unterschieden - von denen es offenbar sehr viel mehr gibt, als nur den einen kleinen. Da ist soviel Nicht-Wissen auf der einen, und so viel Spott auf der anderen Seite.


Unverholen wird die EKD als "Säue" beschimpft, wird die evangelische Kirche in die Hölle verdammt und ihr der Tod gewünscht. Todesdrohungen sind in Deutschland strafbar! Ob den Kommentierenden noch klar ist, dass sie von Menschen sprechen? Wie absurd, dass der Mob der Trolls sich dabei just so gebärdet, wie die Hexenjäger im Mittelalter. Das geht also auch ohne Kirche, sieh mal einer an.


Für die EKD und die Macher des Videos hoffe ich, dass vor allen Dingen eines hängen bleibt: Ihr seid da auf etwas wichtiges gestoßen! Tot wäre diese Kirche gerade dann, wenn sie sich nicht mehr trauen würde, Mauern einzureißen und Grenzen zu überschreiten, die Menschen voneinander und von Gott trennen. Tot wäre sie, wenn sie nicht mehr Heimat und Zuflucht der Verschmähten, der Unterdrückten, der Minderheiten wäre. Tot wäre sie, wenn sie den Menschen keine offene Hand mehr entgegenstreckt, wenn sie "die eine Tür" nicht mehr öffnen würde. Tot wäre sie, wenn sie aus dem Zorn der wenigen die Unfreiheit der vielen werden ließe.


Unsere Gesellschaft braucht die "Gute Nachricht" - sie benötigt Versöhnung, Frieden, Miteinander, mehr denn je. Eine Tür ist genug!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen